Dass DIE beiden es miteinander können, das weiß das LEO Publikum bereits seit dem Stück „Candlelight und Liebestöter“: Patricia Schimpp-Fanroth (zusätzlich Regie) und Lars Dickel. Die beiden eröffneten mit dem Zwei-Personen-Stück „Offene Zweierbeziehung“ von Dario Fo & Franca Rame die die neue Theatersaison im LEO Theater. Jetzt erklärt sich auch, warum ihr erstes gemeinsames Stück („Candlelight und Liebestöter“) vom Spielplan genommen wurde – denn die beiden können es noch besser! Sie holten sich spielerisch die Lacher des Publikums, mehrfach Zwischenapplaus und selbstverständlich Standing Ovations ab. Eine Superleistung, die den Abend im Flug verfliegen ließ.
Die Uraufführung der Tragikkomödoie „Offene Zweierbeziehung“ war bereits 1983, aber es hat – wenn man erfahrenen Ehefrauen und Männern glauben darf – nicht an Aktualität und Brisanz verloren. Natürlich hieß es „das habe ich im Freundeskreis auch so gehört“, aber ebenfalls ganz ganz ehrliche Stimmen: „Da kann ich selbst mitreden.“
Um was geht es? Das Ehepaar – ein namenloser Mann (Lars Dickel) und Antonia (Patricia Schimpp-Fanroth) an seiner Seite – haben sich auseinandergelebt. Er geht fremd, sie will sich das Leben nehmen. Der Mann überredet Antonia zu einem „offenen Zweier“ – allerdings nur in seinem Sinne angedacht – eine einseitige Öffnung. Denn, wie Antonia auf der Bühne feststellt: „Öffnen sich beide Seiten, dann herrscht Durchzug.“ Das Publikum erlebt die Entwicklung von Antonia – unterstütz von ihrem Sohn Roberto (ebenfalls Lars Dickel), macht tatkräftig mit, bis hin zu ihrem neuen Atommann und dem tragischen Ende… Obwohl im Saal keine echte Traurigkeit aufkommen will.
Erfrischende Schnelligkeit
Eigentlich ganz schnell formuliert, aber fantastisch pointiert herausgearbeitet. Schimpp-Fanroth/Dickel lassen keine Pointe liegen, nehmen jede Spitzfindigkeit auf, verwandeln sie und spielen in einer erfrischenden Schnelligkeit.
Auch wenn die beiden noch so jung erscheinen, sie können beide auf eine langjährige Bühnenerfahrung zurückblicken und auf eine fundierte professionelle Schauspielausbildung zurückgreifen. Sie beherrschen Körper, Stimme, Mimik und Gestik – ob allein oder im Zusammenspiel. Dabei gestalten sie spielend die Interaktionen miteinander und dem Publikum. Sind in der Rolle, entwickeln die Figuren glaubhaft weiter, schlüpfen heraus, werden Erzähler oder Schauspieler. Sie sind grandios aufeinander abgestimmt – auch wenn es mal nicht so harmonisch auf der Bühne zugeht und sie körperlich ein paar Zentimeter zu überbrücken haben, sie sind auf Augenhöhe unterwegs. Hier stimmt einfach alles – zwei, die sich gefunden haben. Da ist nichts künstlich, das ist echte Kunst.
Markus Schimpp glänz als Komponist
Wer beim LEO Sommerfest mitgefeiert hat, der hat ganz bestimmt die markante Stimme von Markus Schimpp erkannt. Er hatte dort Kostproben aus seinem Solo-Programm präsentiert und war nun als Atommann zu hören. Die Regisseurin Patricia Schimpp-Fanroth verrät lächelnd: „Ich dachte, frag doch mal den Göttergatten – er ist Musiker und Komponist, ob er nicht hier etwas zaubern kann. Der Autor Dario Fo hat den Text vorgeben, aber keine Noten.“ So lieferte Markus Schimpp die Ohrwurmmusik und trug die eigene Komposition vor. Allein, wenn man das Liebeslied hörte, konnte man nachvollziehen, dass der namenlose Mann aus der Rolle fällt. Andere Lieder spielen in dem Stück ebenfalls eine bedeutende Rolle – so schön schief singen, will erst einmal gekonnt sein. „Ti Amo“ mit einer Flasche Wein – hier bricht die Welt von Antonia zusammen und das Publikum wird in den inneren Kampf gezogen – lachen oder betrübt mitleiden? Das Premierenpublikum hat eine Lösung gefunden: Applaus, hinter dem sich das Lachen verstecken konnte.
Es war die erste Regiearbeit von Schimpp-Fanroth (nach der CO-Regie bei dem „Perfekten Geheimnis“). Sie gesteht nach der perfekten Premiere: „Ich war fürchterlich nervös. Aber ich wollte das Stück unbedingt machen, als ich es auf dem vorgeschlagenen Spielplan gesehen habe. Ich habe es selbst mal vor Jahren in Berlin gesehen – ich liebe es. Es wechselt so schnell, die Erzählpositionen, die Figuren entwickeln sich… es hat einen knackigen guten Humor.“ Das Schwelmer Publikum liebt es jetzt ebenfalls – da hat jemand seine Liebe zum Theater weitergegeben und vollständig überzeugt. Lars Dickel musste überhaupt nicht überzeugt werden: „Ich spiele gerne mit Patricia zusammen. Das passt einfach und macht Spaß. (in Anlehnung an das Stück) – auch wenn ich jetzt gegrillt bin.“ Alles richtig gemacht! Aber sicherlich, wer ein total ernstes melancholisches Sozialdrama bevorzugt, der tut sich hier schwer. Das ist es ganz bestimmt nicht. Hier werden ernsthafte Themen mit Humor serviert.
Insider Tipp: Wer die Tötungsversuche hautnah miterleben möchte, der orientiert sich mit Blick zum linken Bühnenrand – dem Fenster. Wer hingegen die künstlerische Schattenspielvariante bevorzugt, der ist auf der anderen Seite – dem Badezimmer – besser aufgehoben. Gekonnt werden alle Bühnenränder mit in das Spiel einbezogen und die Grenze zum Publikum durchbrochen. Schimpp-Fanroth bezieht in ihrer Inszenierung immer wieder das Publikum selbst mit ein, verliert es nie, integriert es, holt sich Meinungen ab und motiviert es zum aktiven Mitmachen. An dieser Stelle soll nicht zu viel verraten werden – nur: Kommen Sie ruhig in legerer Kleidung, damit es bei Bauch, Beine, Po auch klappt.
Hier wird grandios abgeliefert
Hier zeigt es sich u.a. als Vorteil, wenn Hauptdarstellerin und Regisseurin ein und dieselbe Person sind. Hier gibt es keine Missverständnisse zwischen den einzelnen Personen – hier wird grandios abgeliefert. Wenn dann noch ein ambitionierter talentierter Mann dazu kommt, ist das Bühnentraumpaar geboren. Für den kritischen Blick aus Sicht des Publikums war die Regieassistenz Alissa Schwichtenberg zuständig. Wirkt das alles so, wie es sein soll? Sind die beiden auf den Punkt? Deutlich genug? Sie selbst zeichnet sich demnächst für das Weihnachtsstück „Ach, du fröhliche“ (Premiere 29.11.2025) verantwortlich.
Die Frauen vom LEO haben es echt drauf – und der Namenlose in „Offene Zweierbeziehung“ auch kein Namenloser – sondern Lars Dickel, ein Name, den man kennt und gerne sieht.
Weitere Termine: Samstag, den 25.10. 2025 um 19:30 Uhr oder am Sonntag, den 26.10.2025 um 11 Uhr mit Frühstücksbuffet.
Oder aber das besondere Vergnügen für Silvester (16 oder 20 Uhr)
Stimmen aus dem Publikum:
Renate (Ü75, Schwelm), die im Sitzen mitging, meinte in der Pause: „Das ist ein Stück, das muss ich immer mitkommentieren. Ich möchte da mitspielen. Als erfahrene Ehefrau lass dir gesagt sein: Junge Frau, mach dich selbständig – schieß ihn in den Wind. Als die Kinder aus dem Haus waren, bin ich auch selbständiger geworden. Wir sind zusammengeblieben – er ist mein Handwerker im Haus. Einfach herrlich das Stück. Ich bin gespannt, wie es weitergeht.“
Judith (Ü60, Sprockhövel) ergänzt: „Ich würde als Frau die Oberhand haben. Den Mann hätte ich längst fertig gemacht – Koffer gepackt – und ab mit ihm. Antonia ist doch auch etwas Skorpion. Dann mal los. Ich hoffe, sie kriegt den Bogen. Ich weiß nicht, wie es gleich weitergeht. Noch ist alles offen für mich.“
Pierre (Ü30, Köln) stellte fest: „Ich bin der jüngste – meine kleine große Schwester ist echt stark. Sie macht das sehr sehr gut. Wie sie variieren kann – sie hat sich super entwickelt. Ihr Spiel ist so facettenreich – wie sie es macht. Zu 100% bin ich stolz auf sie. Absolut. Total abwechslungsreicher und lustiger Abend.“
Ebenfalls im Publikum war die Regisseurin und Schauspielerin Carina Mischke (Köln), die „Das ungleiche Paar“ am LEO inszenierte und im Februar 2026 mit einem Krimi eine weitere Premiere feiern will: „Es macht total viel Spaß. Mit den beiden (Schimpp-Fanroth / Dickel) würde ich auch mal gerne zusammenarbeiten. Das Zusammenspiel zwischen den beiden einfach sehenswert. Da stimmt einfach alles. Da kommst du als Publikum auch noch richtig in Bewegung. Ich mag es ja, wenn Stücke ein gewisses Tempo haben, sich Figuren weiterentwickeln. Aber momentan (in der Pause) weiß ich noch nicht, wo das endet. Alles ist möglich. Das ist gut.“
