Angelika und Robert Atzorn – 50 Jahre durch dick und dünn

Shirley Bassey hatte es bereits 1966 besungen „Behind Every Great Man There‘s A Woman.“ (Hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine starke Frau.) Angelika (geb. Hartung) und Robert Atzorn belegen es in seiner Autobiographie „Duschen und Zähneputzen – Was im Leben wirklich zählt“ und live auf der LEO Bühne. Bereits bei dem ersten Vorgespräch zum Buch war allen klar, „ohne meine Frau geht das nicht“, so Robert Atzorn. Auch wenn sie charmant einwarf „mach du das mal“. Die Autobiographie wäre nicht vollständig, wenn nicht auch die Perspektive der Ehefrau hineinfließen würde, so steuerte sie vier eigenständige Kapitel hinzu und gestattete dem Publikum den Blick auf das Geschehen durch ihre Augen.

Dabei begannen die beiden Autoren bei ihren Wurzeln – der Kindheit als Nachkriegskinder und zeichneten die einzelnen Lebenswege auf, die sich in Dortmund auf der Bühne kreuzten und von da an gemeinsam verliefen. „Dieses Jahr sind es 50 Jahre Beziehung“ verrät sie strahlend. In dem Weihnachtsmärchen „Der Prinz und das Aschenputtel“ haben sie sich kennen und lieben gelernt. Die Frau, die eine Karriere in der Tanz- und Musicalwelt anstrebte und der Mann, der im Schauspiel Wandelungen und Veränderungen erleben wollte. Beide hätten eine ähnliche Kindheit verbracht – allerdings in ihrer Familie wurde der Geburtstag gefeiert, bei ihm hingegen nicht. Dieser Unterschied beinhalte sehr viel Konfliktpotential. Im Laufe des Abends erfuhr das Publikum, wie die beiden an ihrer Beziehung gearbeitet haben und welche Hilfen sie in Anspruch genommen haben. Er offenbarte, „Sie hat sich einen souveränen Durchblicker gewünscht.“ und gesteht ein handwerkliches Missgeschick, das seine Frau rettete. Sie gibt zu, alle Drehbücher nach Liebeszenen durchforstet zu haben und erfreut war, „je grauer seine Haare wurden, desto weniger wurden sie. Aber dafür gewannen die Rollen an Tiefe.“ Er habe darauf Rücksicht genommen und nur nebenbei erwähnt „och, nur Iris Berben.“ Wer aufmerksam zuhörte, der konnte für sein eigenes Leben viele Impulse erhalten. Da sprachen zwei offen und authentisch über ihre Erfahrungen und gaben so ganz nebenbei praktische Lebenstipps.

Angelika angenommen – Robert nicht

Von der Bühne Dortmund wollten beide nach Bochum wechseln – zu seiner Lieblingsbühne (Intendant Peter Zadek). Aber beim Vorsprechen wurde Angelika genommen, Robert Atzorn leider nicht. Noch auf der Rückfahrt von Bochum nach Dortmund hatte sie aber entschieden, dass ihr die Beziehung wichtiger sei als die Karriere in Bochum. So hieß es von ihr „ich mache das nicht“. Verschmitzt erzählen beide, dass sie anstelle eines Engaments später einen Heiratsantrag erhalten habe. Während er Einblick in seine beruflichen Stationen und was einem so alles passieren kann (u.a. Titelfigur in den Fernsehserien „Oh Gott, Herr Pfarrer“, „Unser Lehrer Doktor Specht“, „Der Kapitän“ und als Hamburger Kommissar Jan Casstorff in der ARD-Krimireihe Tatort, als Theo Clüver in „Nord Nord Mord“) gab, erzählte sie, was sich im Hintergrund abspielte. Angelika resümierte „mein Leben im Off war ein Leben im On“. Man müsse lernen Situationen anzunehmen. Ihre Frage ans Publikum „Das kennen Sie sicherlich alles auch?“ wurde fleißig mit Nicken bestätigt. In der Pause hörte man daher oft, „ja, so war es bei uns auch. Das war so in der Zeit. Das habe ich als Frau auch so erlebt.“

Klassenfahrten hat er abgelehnt

Das Ehepaar Atzorn hat viel erlebt, was sich heutzutage als Anekdote wunderbar eignet und man im Nachhinein gemeinsam mit dem Publikum schmunzeln kann, auch wenn es im aktuellen Moment sich gerade ganz anders anfühlt. Wenn er früher zur Zeit der Fernsehserie „Unser Lehrer Doktor Specht“ die Einladungen zu Klassenfahrten abgelehnt hat, so übernachteten sie heute gerne im „Schulhaus“ in Schwelm und scherzten „dies wäre auch eine hübsche Geschichte wert. Wir fühlen uns dort sehr wohl.“ Wie es damals im Dortmund angefangen hat, so stehen sie heute wieder gemeinsam auf der Bühne und unterhalten das Publikum bestens mit ganz ehrlichen Einblicken in ein oder besser zwei Schauspielleben, was ein gemeinsames Leben ergibt. Der Kreis schließt sich.

P.S.: Wer sich über den Buchtitel wundert – Robert Atzorn verrät „Ein Zitat von Theo Lingen ist dort eingeflossen.“ und erzählt folgende Geschichte: „Ein junger Mann habe den Schauspieler Theo Lingen (1903 -1978) gefragt, wie man so ein erfolgreicher Schauspieler würde. Antwort von Theo Lingen: Duschen und Zähneputzen.“

Selbstverständlich war die Buchhandlung Köndgen wieder mit dabei, so dass zu Hause weitergelesen werden kann – mit Autogrammen.

Stimmen aus dem Publikum

Monika (Ü70) erzählt: „Ich bin auch Nachkriegskind. Man erkennt sich selbst wieder. Ich finde beide (Angelika und Robert) gut – sehr authentisch. Es ist sehr vertraut.“

Volker (Ü75, Schwelm) stimmt zu: „Das war bei uns zu Hause genauso. Ich kenne meine Eltern nur arbeitend und mein Vater hat vom Krieg auch nicht gesprochen. Als 5 jähriger habe ich auch stundenlang draußen gespielt und meine Mutter hat nicht gewusst, wo ich bin. Es ist alles sehr nah an der Wirklichkeit.“

Jacqueline (Ü60, Wuppertal): „Ich finde es sehr echt. Authentisch – es ist nicht gespielt. So richtig aus dem Leben, wie es jeder nachvollziehen kann.“ Und Renate (Ü75, Wuppertal) ergänzt: „Einfach gut. Realistisch, wie es früher so war. Ich bin ja nun auch ein bisschen älter…)“

 Vanessa (Ü45, Remscheid), die mit ihrer Schwester zum 1. Mal das LEO Theater entdeckt hat: „Das ist toll hier im Theater. Das wäre auch was für meinen Vater – alles barrierefrei. Ideal!“ und gibt zu: “Ich war mit 13 in Dr. Specht verliebt. Damit bin ich groß geworden. Irgendwie taucht man nochmal in die Zeit von früher ein. Ich habe das Buch schon gelesen und meine Schwester genötigt mit zu kommen. Das hat meine Mutter prompt mit „für eine Lesung seid ihr doch noch zu jung“ kommentiert. Aber das ist gut hier – und hier sind noch jüngere. Ganz ehrlich, sie (Angelika) gefällt mir fast noch besser – so locker, wie sie erzählt.“

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