Ein aufsehenerregendes Gastspiel präsentiert das LEO Theater im Ibach-Haus den Besuchern im September 2017: Das Kammertheater Smolensk stellt die Novelle „Der Mantel“, die Novelle vom armen, naiven Beamten, der von seinen Mitmenschen nur ausgenutzt wird, nicht als Schauspiel vor, sondern als Musik-, Tanz- und Pantomime Aufführung vor. Der Termin im Leo Theater im Ibach-Haus: Mittwoch, 6. September, 20 Uhr.
Das junge engagierte Ensemble um die Choreografin Alexandra Ivanova ist für diese mutige, außergewöhnlich und völlig neue Inszenierung von Gogols Novelle 2016 mit dem russischen Theaterpreis in Moskau ausgezeichnet worden. Zwölf professionelle Künstler/innen stellen diesen russischen Klassiker eindrucksvoll in Szene – ein Hochgenuss für jeden Theaterfreund. Gegründet wurde das Smolensker Kammertheater am 1. April 1989 von jungen Künstlern, die sich durch ihre Ausbildung an der Theaterschule zusammenfanden. 27 Jahre lang stand es unter der Leitung des Volkskünstlers Russlands Nicolay Parasich, bis die Regisseurin Oksana Neklyudova im März 2016 diese Position übernahm. Ebenfalls neu seit Beginn der Spielzeit 2016/2017 übt Elena Yanysheva, Absolventin des Staatlichen Theaterinstituts Jekaterinburg, das Amt der leitenden Theaterregisseurin aus. Im April 2016 inszenierte Alexandra Ivanova, Ballettmeisterin des Theaters, eine Tanzperformance basierend auf der Novelle „Der Mantel“ von Nicolay Gogol, die im November desselben Jahres mit einem Preis auf dem Festival „Dolgoprudnenskaya Autumn“ ausgezeichnet wurde. Im Februar 2017 wurde die Performance auf Einladung der Leitung des Central House of Artists als Teil des Projekts „Stars from the Province“ in Moskau gezeigt.
Das Ensemble des Smolensker Kammertheaters besitzt auch heute großes kreatives Potential. Angestellt sind unter anderem als künstlerischer Leiter Nikolay Agafonov, Absolvent der Schule des Moskauer Kunsttheaters und Vladislav Makarov, Gewinner internationaler Festivals zeitgenössischer Musik, als Chefdirigent. Auch Absolventen russischer Schauspielschulen und der Fakultät für Schauspiel am Smolensker Institute of Arts bilden einen Teil der Mitarbeiter.
„Der Mantel“ von Nikolai Gogol
Der Mantel ist der Titel einer 1842 erschienenen Novelle von Nikolai Gogol. Gogols Novelle übte einen großen Einfluss auf die russische Literatur aus. Dostojewski verarbeitet das Motiv des „armen Beamten“ unter anderem in seinen beiden Erstlingswerken Arme Leute und Der Doppelgänger.
Erzählt wird die tragische und zugleich komische Geschichte von Akakij Akakijewitsch und dem Aufstieg einer unbedeutenden zu einer bedeutenden Person. Akakij Akakijewitsch, dessen Leben bereits mit einer bezeichnenden Namensgebung und Taufe beginnt, führt ein tristes, einsames Leben in Sankt Petersburg. Er ist mit Leib und Seele Beamter, genauer gesagt: Kopist. Der Beruf des Abschreibens füllt sein ganzes Leben aus. Er ist davon so begeistert, dass er sogar Lieblingsbuchstaben hat. Zeitweise arbeitet er zwar abends zu Hause weiter, aber am gesellschaftlichen Leben nimmt er nicht teil. Von seinem Arbeitskollegen wird er nur verspottet, was er jedoch ignoriert bzw. gar nicht wahrnimmt. Sein Leben ändert sich erst, als er beschließt, sich einen neuen Mantel zu leisten. Nach langem Sparen (und Hungern) hält Akakij Akakijewitsch endlich seinen neuen Mantel in den Händen. Der Mantel verwandelt Akakij Akakijewitsch sowohl äußerlich als auch innerlich.
Er nimmt plötzlich das Leben um sich herum wahr und wird auch von anderen wahrgenommen. Seine Kollegen veranstalten dem neuen Mantel zu Ehren sogar eine kleine Feier. Akakij wird dazu zwar herzlich empfangen, ebenso schnell verlieren die Gäste jedoch auch wieder das Interesse an ihm.
Auf dem Heimweg wird er überfallen. Dabei schlägt ihn der unbekannte Täter zusammen und stiehlt ihm den Mantel. In der Hoffnung, seinen Mantel wiederzubekommen, wendet sich Akakij Akakijewitsch an eine höhere Stelle, wird jedoch brutal zurückgewiesen und niedergemacht. An dieser Stelle beginnt sein geistiger Verfall, und er stirbt kurz darauf an den Qualen, seinen geliebten Mantel nicht zurückbekommen zu haben. Zugleich ist dies auch die Stelle, an der die realistische Handlung vom Leben des Akakij Akakijewitsch endet. Der Verstorbene geistert nun an der Kalinkinbrücke herum und versucht, die Mäntel vorbeikommender Passanten zu stehlen. Die Polizei verfügt daraufhin, dass der Tote zu fangen sei, und beinahe gelingt es auch. Die Geschichte endet damit, dass der tote Akakij Akakijewitsch den Beamten, der ihn abgewiesen hatte, erschreckt und sich dessen Mantel aneignet. Von da an wird er nicht mehr gesichtet, jedoch wird von einem anderen Geist berichtet. Der Beschreibung zufolge ähnelt dieser stark dem Wegelagerer, der Akakij Akakijewitsch überfallen und sich dessen Mantel angeeignet hat.